Baufinanzierung im Alter

Immer mehr ältere Menschen fragen Baufinanzierungen nach. Insbesondere die Altersgruppe ab 55 Jahren hatte mit der Einführung der Wohnimmobilienrichtlinie im Jahre 2016, die strengere Kriterien bei der Prüfung der Kreditwürdigkeit und Rückzahlungswahrscheinlichkeit fordert, größere Schwierigkeiten, ein Darlehen von der Bank zu erhalten. Nach mehreren Gesetzesreformen – zuletzt mit Wirkung zum Juli 2018 – hat sich die Situation wieder deutlich entspannt. Wer somit in den letzten zwei Jahren mit einer Kreditanfrage gescheitert ist, sollte es ruhig noch einmal probieren.

Gründe für die Finanzierungsnachfrage im Alter sind vielfältig

Dass in der Altersgruppe ab 55 Jahren immer mehr Baudarlehen nachgefragt werden, ist nicht nur eine Folge des demografischen Wandels mit einer alternden Gesellschaft. Hier zeigen sich auch weitere Faktoren einer sich verändernden beruflichen und persönlichen Situation vieler Menschen. Familiengründungen mit über 40 Jahren sind ebenso Normalität geworden wie Berufswechsel inklusive Umzug auch spät im Berufsleben.

Hinzu kommen die üblichen Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen, die heute schnell Themen wie Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und barrierefreies Wohnen berühren. Entsprechende Umbauten erfordern nicht selten eine zusätzliche Kreditfinanzierung – das ist allemal der Fall, wenn eine neue Immobilie gesucht oder gebaut werden muss, weil die alte nicht den Anforderungen genügt. Gerade die Barrierefreiheit ist da bei vielen älteren Menschen ein entscheidendes Thema.

Die Auswirkungen der Wohnimmobilienrichtlinie

Vor der Wohnimmobilienrichtlinie haben auch viele ältere Personen einen Baukredit bei einer Bank erhalten. Das war vor allem dann der Fall, wenn eine gute Eigenkapitalausstattung vorhanden war. Weitere Faktoren wie allgemeine Vermögensverhältnisse und Einkommen spielten natürlich ebenfalls eine Rolle. Sahen diese Faktoren gut aus, haben die Banken auch älteren Menschen einen Baukredit gewährt. Schließlich konnten die Banken notfalls eine Zwangsversteigerung einleiten, wenn der Kredit nicht mehr bedient werden sollte.

Mit der Wohnimmobilienrichtlinie wurden der Verbraucherschutz und die Anforderungen an die Baukreditvergabe erhöht. Banken und Vermittler bekamen umfassendere Informations- und Aufklärungspflichten, Kreditnehmer konnten leichter den Vertrag kündigen und die Banken mussten die Kreditwürdigkeit genauer prüfen. Letzteres beinhaltet unter anderem, dass auch die Rückzahlung des Kredits ausreichend gewährleistet sein muss. Das Risiko eines Kreditausfalls sollte so gemindert werden. Nebeneffekt war hier, dass somit mehr Erbsubstanz erhalten werden sollte.

Insbesondere für ältere Kreditsuchende entpuppte sich das aber als Problem. Da nun nicht mehr nur ihr aktuelles Einkommen und die aktuellen Vermögensverhältnisse relevant waren, sondern auch beispielsweise die durchschnittliche Lebenserwartung (für die maximale Kreditlaufzeit) und die zukünftige Rentenhöhe (für die Rückzahlungswahrscheinlichkeit), wurde einem Antragsteller über 55 Jahren selbst kleinere Kredite für Umbaumaßnahmen immer seltener gewährt. Die Banken legten aus Vorsichtsgründen die Wohnimmobilienrichtlinie streng aus.

Die geforderten Sicherheiten seitens der Banken stiegen für die ältere Altersgruppe deutlich an. Neben hohem Eigenkapital wurde beispielsweise in einigen Fällen verlangt, die Erbfolge offenzulegen oder gar einen der Erben bürgen zu lassen. Menschen nah an oder über der durchschnittlichen Lebenserwartung wurde ein Kredit von vielen Banken grundsätzlich verweigert. Die eigentlich gute Idee der Wohnimmobilienrichtlinie hat somit hier zu einer zu rigiden Kreditvergabe – oder besser Nichtvergabe – geführt.

Reformbedarf wurde erkannt

Die Finanzwirtschaft und auch die Verbraucherschützer haben schnell auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Im Laufe der vergangenen zwei Jahre haben verschiedene Bundesländer Änderungsvorschläge eingebracht, die nun nach und nach umgesetzt wurden. Die bisher letzte dieser Änderungen trat im Juli 2018 in Kraft und bezog sich explizit auf die Kreditvergabe an ältere Personen.

So spielt zwar weiterhin die zukünftige Rentenhöhe eine Rolle bei der Kreditvergabe, aber die durchschnittliche Lebenserwartung ist nicht mehr relevant. Vielmehr erfüllen die Kreditinstitute ihre neuen Pflichten, wenn sie auf die Rückzahlungsmöglichkeit der Kreditnehmer achten. Kann eine ältere Person, die einen Kredit beantragt, der auch in das Rentenalter hinein abbezahlt wird, potenziell die Rückzahlung leisten, dann ist dieses Kriterium an die Kreditvergabe erfüllt.

Die praktische Umsetzung hat sich schnell gezeigt. Offenbar ist die Situation für ältere Kreditnehmer in Sachen Kreditgewährung weitgehend wieder so wie vor der Wohnimmobilienrichtlinie. Mit über 55 Jahren oder auch schon im Rentenalter ist ein Baukredit somit möglich. Oft verlangt die Bank einen höheren Tilgungsanteil in den ersten Jahren, was aber allgemeine Tendenz ist. Von den zurzeit günstigen Zinsen bei Baukrediten können die älteren Kreditsuchenden somit wieder profitieren.

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