Der anhaltende Bauboom bringt einige unliebsame Effekte mit sich. Nicht nur sind die Preise für Immobilien und Grundstücke deutlich nach oben gegangen, sondern auch Bau- und Erwerbsnebenkosten sind spürbar angestiegen. Doch auch weitere potenzielle Kostentreiber müssen Sie immer stärker berücksichtigen: Baumängel haben ebenfalls drastisch zugenommen.
Es braucht Geduld und eine hohe Toleranzschwelle
Der Traum vom Eigenheim kann sich bei einem Neu- oder Umbau schnell in einen Albtraum verwandeln, wenn Pfusch am Bau herrscht. In der medialen Darstellung wird dieses Risiko gerne mal überzeichnet dargestellt – dass es dieses Problem aber in größer werdender Zahl gibt, belegt nun eine Studie des Bauherren-Schutzbundes (BSB). Auf einige Handwerksleistungen muss wochen-, in einigen Gebieten gar monatelang gewartet werden. Nun kommen Schadensfälle durch Baumängel in verstärkter Weise hinzu. Als Bauherr muss man sich mittlerweile nicht nur in Geduld üben, sondern auch mit Baumängeln rechnen.
Die aktuellen Zahlen
Die Studie des BSB schlüsselt die Versicherungsfälle durch Baumängel auf. Seit dem Jahr 2009 haben sich die Versicherungsfälle fast verdoppelt. In dieser Zeit ist die Zahl an Bauvorhaben deutlich angestiegen, daher ist ein Anstieg in der reinen Zahl an Versicherungsfällen wenig überraschend. Dass es hier aber eine gewisse Problematik gibt, wird an der durchschnittlichen Schadenshöhe deutlich. Zwischen 2009 und 2011 lag die durchschnittliche Schadenshöhe bei 63.000 Euro. Mit etwa 84.000 Euro zwischen 2015 und 2017 lag die durchschnittliche Schadenshöhe dann um gut ein Drittel höher.
Die Mängel treten dabei an vielen unterschiedlichen Stellen auf. Am häufigsten sind Feuchtigkeitsschäden durch mangelhafte Arbeiten an Dächern, Decken, Wänden und Fußböden. Allgemein beschreibt der Verband Privater Bauherren die Qualität im Schlüsselfertigbereich als ungenügend. Bereits im Planungsbereich treten Fehler auf, die sich dann in den Bau hineintragen. Nicht selten fällt dem Bauherrn erst frühestens nach einem Jahr der Mangel auf. Die Beseitigung kann langwierig und kostspielig sein.
Die Gründe sind vielfältig
Die Zunahme an Baumängeln ist auf verschiedene Gründe zurückzuführen. Ein einfacher Grund ist zunächst, dass die Betriebe zurzeit schlicht ausgelastet, wenn nicht gar überlastet sind. Enge Fristen bedeuten Termindruck und das erhöht die Fehlerquote. Zudem sind zunehmend Personen im Baubereich beschäftigt, die keine ausreichende Qualifikation mitbringen. Das zieht sich durch alle Ebenen – angefangen bei Subunternehmern von Subunternehmern, die kaum ausgebildete Handwerker beschäftigen bis zu unzureichend ausgebildeten Ingenieuren, die Fehlplanungen verursachen. Der Fachkräftemangel ist vor allem in der Baubranche zurzeit besonders spürbar.
Ein weiterer Grund liegt in der gestiegenen Komplexität beim Bauen. Zum einen in das in den Vorgaben zum Bauen begründet, beispielsweise bei der energetischen Dämmung, zum anderen durch die Wünsche und Anforderungen der Bauherren. Modernes Bauen bedeutet heute, dass am Ende ein hochtechnisiertes Haus steht. Dieser Anspruch ist durchaus gerechtfertigt, fordert beim Bau den beteiligten Betrieben und Verantwortlichen aber auch mehr ab.
Wie Sie Baumängeln vorbeugen können
Baumängel müssen Sie natürlich nicht hinnehmen, aber langwierige Nachbesserungen und ein eventuelles Gerichtsverfahren, sind nicht besonders erstrebenswert. Vielmehr können Sie viel aus Ihrer Sicht tun, um Baumängel vorzubeugen oder bestehende Mängel schnell zu erkennen und beseitigen zu lassen. Ein ausreichender Versicherungsschutz sollte beim Bauen selbstverständlich sein.
Bauen ist teuer, aber am falschen Ende zu sparen, hilft Ihnen nicht weiter. Achten Sie also darauf, dass Sie ausgerechnet bei Ihrem Eigenheim nicht auf eine „Geiz-ist-geil-Mentalität“ setzen. Gute Handwerksleistungen kosten nun einmal mehr als die Dienste unqualifizierter Arbeiter. Sie sollten nicht nur selbst keine unqualifizierte Arbeit beauftragen, sondern auch darauf achten, dass solche Subunternehmer nicht auf Ihrer Baustelle arbeiten. Entsprechende Klauseln lassen sich vertraglich festhalten.
Was sich auf alle Fälle für Sie rechnet, ist eine Qualitätskontrolle durch einen unabhängigen Sachverständigen. Ein solches Gutachten kostet etwa 3.000 Euro und deckt frühzeitig mögliche Mängel am Bau auf, sodass Sie zeitnah im Fall des Falles reagieren können. Gemessen an den weiteren Baukosten fallen die Kosten für ein Gutachten kaum ins Gewicht. Übrigens ist auch beim Immobilienkauf eine Beauftragung eines unabhängigen Sachverständigen eine überlegenswerte Option.